Informatik und Gesellschaft:
Mein Eintausend Worte Essay...


Technikfeindlichkeit in Deutschland

Die seit vielen Jahren zu beobachtende Entwicklung Deutschlands zu einer immer technikfeindlicheren Gesellschaft hat mich schon immer verärgert und damit zu Kommentaren gereizt. Da man hier auch nicht selten die Informatik berührt, denke ich, daß dieses Thema zu unserem Seminar ganz gut paßt.

 Es wird in den letzten Jahren fast ohne Unterlaß nach dem Grund für die ständig wachsende Zahl an Arbeitslosen in Deutschland gesucht. Man hatte auch stets Ursachen identifiziert, wie etwa die hohen Löhne, die niedrige Binnennachfrage, fehlende Innovationen und so weiter, aber ein meiner Ansicht nach entscheidender Punkt wurde stets geflissentlich ignoriert: Das zunehmend technikfeindliche Klima in Deutschland. Alleine unsere Pharma-Riesen (z.B. Bayer, Hoechst) haben in den letzten 15 Jahren weit mehr als 600.000 Gentechnik-Arbeitsplätze im Ausland geschaffen - warum wohl? Als nächstes wird nun der komplette Industriezweig der Kernenergie abgeschafft, im benachbarten Ausland lacht man sich tot. (Das Leben in Deutschland wird dabei ganz bestimmt sicherer, wenn man 19 der modernsten und sichersten Reaktoren der Welt abschaltet und dafür zur gleichen Zeit nur knapp 20km hinter der Grenze in der Tschechei ein neuer Reaktor in Betrieb geht - ganz zu schweigen von den alten Reaktoren sowjetischer Bauart.)

 Ein anderes Beispiel: Vermutlich ist es vielen Informatikern schon aufgefallen, daß der Computer von großen Teilen der Bevölkerung oft mit Begriffen wie "Arbeitsplatzabbau", "Rationalisierung", "Überwachung", "Datenklau" und weiteren negativ belegten Ausdrücken in Verbindung gebracht wird. Bei "Roboter" sieht es sogar noch weit schlimmer aus - vollkommen im Gegensatz zu Japan, wo man Technik und Neuentwicklungen schon immer als Chance und Möglichkeit verstand. Wenn hingegen hier das Wort "Internet" fällt, assoziieren ein großer Teil der Bevölkerung zunächst Dinge wie "Kinderpornographie", "Hacker", "unsicherer Geldverkehr", ...

 Während des Seminares ist mir aufgefallen, daß selbst unter den dort anwesenden Studenten unter der Rubrik "ethisch relevante Themen der Informatik" fast augenblicklich die Begriffe "KI" und "neuronale Netze" gefallen sind. Gut, in der KI mag man unter Umständen kritische Themen finden, aber wenn es um neuronale Netze geht, merkt man ganz deutlich, daß dieses Gebiet eigentlich nur denjenigen Kopfzerbrechen bereitet, die tatsächlich nur wenig Ahnung von der Materie haben. Wer sich damit auskennt, weiß daß es in dem Sektor auf absehbare Zeit nichts geben wird, was in irgendeiner Form als intelligent bezeichnet werden kann und schließt dieses Thema daher von weiteren Betrachtungen aus. Der Rest vermutet jedoch sofort etwas höchst bedenkliches dahinter.

 In den meisten Fällen bemerkt man schon gar nicht mehr, wie ungeheuer ängstlich die Menschen im Umgang mit allem Neuen geworden sind. Man spricht statt dessen von sorgsamen Umgang mit Neuheiten, von präventiven Risikobetrachtungen, von den berühmten Sicherheitsbedenken, usw. Der Gipfel des Ganzen ist für mich die "Akademie für Technikfolgenabschätzung" - nicht, weil wir die Folgen unseres Tun's nicht kontrollieren / abschätzen sollten, sondern weil vermutlich nur eine Gesellschaft wie die unsere auf die Idee kommen kann, dazu ein eigenes Institut zu gründen. Es scheint tatsächlich Mode zu sein, immer zuerst einmal alle möglichen negativen Folgen einer Entwicklung finden zu wollen, ehe man nachsieht, ob es auch etwas nützt. Dies ist in mehrfacher Hinsicht verheerend:

Aber das Problem greift noch viel weiter, als man auf den ersten Blick annehmen möchte: Die technikfeindliche Grundeinstellung ist eng verwoben mit einer allgemeinen Zukunftsunsicherheit, um nicht zu sagen Zukunftsangst. Wer hier wen hervorbringt ist kaum zu sagen, aber vermutlich hat man es hier einfach mit den zwei Gesichtern, ein und derselben Sache zu tun. So erwarten immer weniger Deutsche, daß es der Allgemeinheit in Zukunft besser gehen könnte, wie bisher, auch wenn bei Umfragen (NTV-Emnid, stand irgendwann Anfang Januar) die Pessimisten noch nicht die Mehrheit stellen. Doch diese negative Grundhaltung wird immer stärker und macht sich sehr störend bemerkbar, z.B. kommt es zu immer weniger Firmenneugründungen. Aber auch in vollkommen unabhängig erscheinenden Themengebieten spielt diese Zukunftsangst hinein: Es ist etwa bekannt, daß die Ausländerfeindlichkeit drastisch zunimmt, wenn die Bevölkerung das Gefühl hat, sie müsse um einen kleiner werdenden "Kuchen" kämpfen.

 Nun will ich hier keine Hetzjagd auf "Schuldige" anzetteln, aber ein klein wenig kann man die Verantwortlichen schon benennen. Da wäre natürlich die allseits beliebte Presse, die sich auf das verbreiten negativer Schlagzeilen spezialisiert hat - aber die alleine kann es nicht sein, da es in anderen Ländern kaum anders aussieht. Grundsätzlich sind die Politiker natürlich mitschuldig, da sie an allem mitschuld sind. (Das ist eher ironisch gemeint, obwohl ein wahrer Kern in der Aussage steckt.) Dann gibt es da die diversen Miesmacher, allen voran die diversen Umweltschutzorganisationen, für die grundsätzlich die Umwelt mehr zählt, wie der Mensch. Vermutlich machen die den entscheidenden Unterschied zu anderen Ländern aus, da sie sonst nirgendwo so einflußreich und mächtig sind, wie bei uns. (Nicht zuletzt dank Bündnis90/Grüne, die dieser Strömung einen besonders effektiven Kopf liefern.) Natürlich will ich damit nicht behaupten, daß diese Gruppierungen für die Misere verantwortlich sind, aber eben mitverantwortlich. Dabei hilft es niemandem, wenn man regelmäßig betont, daß es aber um die Erlangung heerer Ziele geht - das Ziel rechtfertigt eben doch nicht alle Mittel.

 Damit obige Angriffe nicht einfach so im Raum stehen bleiben, möchte ich sie noch etwas genauer fassen: Daß die mehr oder weniger radikalen Umweltschutz-Organisationen (bis hin zur Partei Bündnis90/Grüne) eine eher technikfeindliche Grundeinstellung haben, wird mir wohl kaum einer bestreiten (außer den jeweiligen Organisationen selbst). Und dabei hilft es ihnen wenig, wenn sie zum hundertsten mal eine heilige Solarzelle oder den seligen Windgenerator hochhalten, aber gleichzeitig gut die Hälfte aller bestehenden Industriezweige lieber gestern als heute abschalten würden. (Ganz nebenbei: Es wird doch so gerne davon geredet, man könne viele neue Arbeitsplätze schaffen, wenn man die Solarenergie fördere. Dazu ein paar unkommentierte Fakten, ich denke, die kommentieren sich von selbst: Deutschland hat bei Solarzellen heute bereits einen Anteil von über 80% am Weltmarkt. Dabei sind mit deren Produktion nicht einmal halb so viele Personen beschäftigt, wie in der deutschen Kernenergie-Branche.) Daß ein Teil der Ziele der grünen Organisationen durchaus Hand und Fuß haben, beweist allein schon die Tatsache, daß viele Ihrer Ziele von den etablierten Parteien im Laufe der achziger Jahre mit übernommen wurden; aber es zählen eben nicht nur die Intention, sondern auch die Wege zum Ziel. Und da sieht es eben düster aus. Wer regelmäßig mit illegalen, pressegerechten Aktionen das Ende der Welt herbeiredet, darf sich eben nicht wundern, daß die Menschen es irgendwann anfangen zu glauben.

 Und wenn ich mich schon so sehr darauf eingeschossen habe, gleich noch ein Vorwurf: Viele der genannten Organisationen haben ein etwas merkwürdiges Demokratieverständnis. Zum einen geben sie sich sogar ganz besonders (basis-)demokratisch und werfen dem Gegenüber bei jeder Gelegenheit undemokratisches Verhalten vor. Es scheint Ihnen gar nicht demokratisch genug zugehen zu können - wird eine Demonstration nicht genehmigt bzw. Beschränkungen unterlegt, wird garantiert trotzdem am ursprünglich geplanten Ort demonstriert - schließlich hat man als freier Bürger einer Demokratie ja so seine Rechte und das umfaßt auf jeden Fall auch Hausfriedensbruch, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung, Gefährdung der öffentlichen Ordnung / Sicherheit, etc.......... Aber wehe, die Gegenseite versucht so etwas: Die Empörung kommt dem blanken Entsetzen nahe, wenn plötzlich jemand für Atomenergie demonstriert. Ich habe noch niemals davon gehört, daß ein grüner Politiker eine Volksabstimmung über ein Tempolimit für Autobahnen verlangte, oder über eine Benzinpreiserhöhung (oder über die doppelte Staatsangehörigkeit...). Nein, Ihre eigenen Gesetze sollten doch auf den Punkt befolgt werden - und wehe dagegen verstößt wohlmöglich einer - der wird sich wundern.
 

So, am Ende bin ich etwas vom Thema abgekommen, aber ich folgte da einfach ein wenig meinen Emotionen (etwas Wut abgebaut). Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das doch in Essays erlaubt. Überprüfen konnte ich das nicht, der Seminar-Reader ist seit knapp einer Woche unerreichbar. Nunja, das Essay dürfte lang genug sein, wc (WordCount) meint etwas von ca. 1600 Worten; wenn ich davon die Einleitung, den Schlußteil, die Links und die HTML-Steuersequenzen abziehe, dürfte ich in der Nähe von 1000 Worten gelandet sein.
 

Viel Spaß bei Euren eigenen Essays.


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